Josefs Kolumne Menschliche Selbstüberschätzung

Menschliche Selbstüberschätzung

Wohl kaum ein Mythos verkörpert die menschliche Hybris besser als derjenige von Daidalos und Ikaros. Ausgestattet mit kreativer Genialität entwickelt der Ingenieur Daidalos künstliche Flügel, um seinem Sohn Ikaros und ihm die Flucht von der Insel Kreta zu ermöglichen. Die Risikofolgenabschätzung des Erfinders ist klar: Auf keinen Fall dürfen die Fliegenden zu hoch aufsteigen, da sich ansonsten das Konstrukt aus Federn und Wachs buchstäblich auflöst. Trotz dieser klaren Warnung erliegt Ikaros der Anziehungskraft der Sonne – diese Grenzüberschreitung kostet ihn das Leben.
Leider ist unser Leben etwas komplexer als diese Geschichte: Wir sind weit von der Klarheit entfernt, die die Rahmenhandlung von Daidalos und Ikaros prägt. Das Abschätzen der Folgen unserer Handlungen ist in einer komplexen und komplizierten Welt eine zentrale Herausforderung. Es ist leicht gesagt, Dinge vom Ende her zu denken, wenn Kausalitäten nur bedingt abschätzbar sind. Und dennoch entbindet es uns nicht von der Pflicht, es immer und immer wieder zu tun. Warum? Weil wir als Menschen in der Lage sind, in vielerlei Hinsicht Grenzen zu überschreiten. Aus diesem Grund zählt der Aspekt der gesellschaftlichen Verantwortung zu den Leitmotiven von ZukunftsDesign, dem Innovationsstudiengang der Hochschule Coburg am Lucas-Cranach-Campus.

Author: Prof. Dr. Josef Löffl

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